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Frauke Alina Becker
Ort: EMDE GALLERY - Mainz
Frauke Alina Becker - flex
Die Galerie freut sich sehr, die Einzelausstellung „flex“ mit Keramiken, Malereien und Zeichnungen der in Berlin lebenden Künstlerin Frauke Alina Becker zu präsentieren.
In ihren Arbeiten orientiert sich Frauke Alina Becker an den organischen Formen der Natur. Das besondere Augenmerk der Künstlerin liegt auf vereinzelten, sich schlingenden Pflanzenteilen. Sie können, von wenigen Ausnahmen abgesehen, als durchgängige Motive sowohl ihrer skulpturalen Arbeiten, den Keramiken, als auch ihres malerischen und zeichnerischen Werks bezeichnet werden. Ein zentrales Thema, das ihre Arbeiten formulieren und sich durch ihr ganzes Werk zieht, betrifft das Verhältnis zwischen Natur und Kultur, und auch die Frage, wie wir leben wollen, und welche Rolle wir der Natur dabei zuschreiben.
Trotz der unterschiedlichen Medien und der verschiedenen Materialien ist doch immer eine eigene Bildsprache und Handschrift zu erkennen. Sie zeichnet sich durch ein abstrakt-gegenständliches Vokabular und wenige, kontrastreiche Farben aus. Wichtig ist, dass die Motive jeweils aus ihrem natürlichen Kontext herausgelöst sind und sich in der künstlerischen Umsetzung von den natürlichen Ausgangsformen entfernen. Es handelt sich um Neuschöpfungen, die einen weiten Interpretationsraum öffnen.
So lassen die in der Ausstellung gezeigten, individuell geformten und in warmen Erdtönen schimmernden Keramiken zunächst an organische Kreaturen denken, die den Galerieraum besiedeln: Einige werden an den Wänden präsentiert, andere sind Teil einer Installation aus Erde. Zahlreiche Assoziationen werden geweckt – Algen, Rhizome und Wurzelgeflechte scheinen in den teils weichen und runden, teils spitzen und kantigen Formen und der glänzenden Oberfläche aufzuscheinen. Die Gebilde sind haptisch reizvoll, sie verführen zum Anfassen. Gleichzeitig setzen sie sich vor allem durch ihre schimmernde Oberfläche vom Organischen ab und wecken auf den zweiten Blick Assoziationen zu Wurfsternen und Flammen oder auch zu einer Art Science-Fiction Flora, die je nach Standpunkt des Betrachters förmlich zu fließen und sich ständig zu wandeln scheint. Die Natur wird nicht abgebildet, sondern es wird vielmehr eine Vorstellung davon gegeben, wie die Natur in einer zukünftigen Welt aussehen könnte, die zunehmend von Menschen manipuliert, verändert und bestimmt wird.
Dieser den Keramiken innewohnende Widerspruch zwischen organischen Kreaturen und Kreaturen aus der Zukunft, Natur und Kultur bzw. Technologie findet sich auch in Frauke Alina Beckers Malereien: Ihre Bildwelten setzen sich meistens aus zwei kontrastreichen Farbtönen zusammen und zeigen dunkelgrüne, fast schwarze, pflanzlich-organisch anmutende Strukturen, die über den Bildraum hinaus zu wuchern scheinen. Sie heben sich deutlich vor dem hellen Hintergrund ab, so dass ein ständiges Changieren zwischen Vorder- und Hintergrund stattfindet – ähnlich wie bei den Vexierbildern, bei denen man beispielsweise entweder zwei Gesichter oder eine Vase, aber nie beides gleichzeitig wahrnimmt. Und ähnlich wie bei den Keramiken steht der flächige Farbauftrag mit wenigen Details im Gegensatz zu den organischen Formen und mutet virtuell an, erinnert an typisch digitale, glatte „Pinselstriche“ ohne Struktur, der genau das Zeitgenössische ihrer Malerei ausmacht.
In anderen in der Ausstellung gezeigten Malereien finden sich schwerelos schwebende Muscheln und Fossilien mit tentakelartigen Auswüchsen abgebildet, von der Künstlerin akribisch genau vor nahezu neutralem, blauem Hintergrund wiedergegeben. Das Blau wirkt wie ein Sog, zieht die Betrachter*in magisch an und verleiht ihr/ihm das Gefühl, in das Bild gleichsam physisch einzutauchen. Einige davon sind mit Jeans Cut-outs versehen – die ebenfalls an Schlingpflanzen erinnern –, als Zeichen dafür, den imaginären Bildraum zu erweitern.
Frauke Alina Becker umkreist aber nicht nur Fragen der Wahrnehmung und Darstellbarkeit oder das komplexe und ambivalente Verhältnis zwischen Natur und Kultur. Elementar ist darüber hinaus die Erforschung zentraler Aspekte des menschlichen Zusammenlebens wie Berührung, Bewegung, Nähe und Distanz, und welche Bedeutung und Wirkung diesen zukommt. Besonders deutlich wird dies anhand ihrer mit einzelnen Worten und Texten kombinierten Malereien und Zeichnungen. Während in den Malereien die fragmentarischen Texte in einem Feld am seitlichen oder unteren Rand erscheinen, erstrecken sie sich in den – zum Teil in Harz gegossenen – Zeichnungen oft über die gesamte Bildfläche hinweg. Immer wieder fügen sich schlingende, organisch geformte Buchstaben mit nach außen hin zackig ausfransenden Umrisslinien zu einzelnen Wörtern oder Textfragmenten wie „Come close“, „together“ oder „I licked it, so it’s mine“ zusammen, immer wieder geht es um Körperteile oder es wird zu einer spezifischen Handlung aufgefordert. Gleichzeitig lassen sie Raum, lassen sie Dinge ungesagt und entziehen sich einer Eindeutigkeit. Auf diese Weise werden bestimmte, teils widersprüchliche Emotionen ausgelöst, fragmentarische Gefühlswelten evoziert, der Blick wird auf das mehrdeutige Potenzial der Sprache gelenkt, ihre vielen möglichen Bedeutungen, Bilder und Assoziationen.
Frauke Alina Beckers Arbeiten lassen sich vor allem auch als Metaphern sowohl für das menschliche Zusammenleben als auch die fragile Koexistenz von Natur und Kultur lesen. Ähnlich wie Schlingpflanzen, die in Anpassung an ihre Umgebung nach oben oder unten, zur Seite oder im Kreis wachsen, befinden auch wir uns in unseren Beziehungen zu anderen und zur Natur in einem ständigen Transformationsprozess. Wir sind Teil eines stetigen Wandels, bedingt durch neue Technologien und viele andere persönliche und gesellschaftliche Entwicklungen, die – wie schon der Ausstellungstitel „flex“ suggeriert – eine laufende Anpassung erfordern.
Künstlerin
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